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Grundbildung

Kurze Wege, gute Nachbarschaft

„In Sozialräumen lernen“: Unter diesem Motto richteten ab 2020 Volkshochschulen und Träger der Quartiersarbeit in Stadt oder Ortsteilen mit besonderem Bedarf leicht zugängliche Lernangebote ein. In diesem Praxisbericht geht um die offenen Lernangebote in Bremen Obervieland-Kattenturm.

Veröffentlicht am 26.06.2024

„Es ist so vielfältig wie nur irgendetwas, hier zu leben und zu arbeiten“, sagt Stefan Markus, Leiter des Bürgerhauses Gemeinschaftszentrum Obervieland e. V., über den Ortsteil Kattenturm im Bremer Süden. Dieser sei mit seiner jungen Bevölkerung und der hohen Bevölkerungsdichte (Freie Hansestadt Bremen, Die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau 2023) das „Herz“ des Stadtteils Obervieland. Mehr als 7.300 der etwa 12.900 in Kattenturm lebenden Menschen haben einen „Migrationshintergrund“, knapp 3.700 von ihnen haben keine deutsche Staatsangehörigkeit (Stand 12 / 2022; Freie Hansestadt Bremen, Statistisches Landesamt Bremen o. J.).

Auch die Regionalstelle Süd der Bremer Volkshochschule hat ihren Standort in Kattenturm. Gemeinsam mit dem Bürgerhaus Obervieland richtete sie hier das offene Lernangebot „Lerncafé“ ein.

Die Hochhäuser, die das Bild Kattenturms heute prägen, sind in den 1960er und 1970er Jahren entstanden. Ab den 1980er Jahren hatte Kattenturm ein wachsendes Problem mit Armut. Wohnraum wurde knapp, wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungen fehlten. Hier konnte zum Teil erfolgreich gegengesteuert werden (Freie Hansestadt Bremen, Soziale Stadt Bremen o. J. a). Heute gibt es wieder viele Geschäfte für den alltäglichen Bedarf. Es gibt viel Grün, und gleichzeitig ist die Innenstadt mit der Straßenbahn schnell zu erreichen (Freie Hansestadt Bremen, Soziale Stadt Bremen o. J. b). Das macht Kattenturm für seine Bewohner*innen zu einem lebenswerten Quartier, insbesondere für Familien. Neben Schulen, Kindertagesstätten und weiteren Bildungseinrichtungen existieren soziale Angebote, etwa Beratungsstellen und ein Quartiersbüro (ebd.).

Übergreifende Herausforderungen wie der Mangel an Betreuungsplätzen für Kinder sind allerdings auch hier zu spüren. Die Schulen können dem Anspruch, für Chancengerechtigkeit zu sorgen, kaum entsprechen (Freie Hansestadt Bremen, Die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau 2023). Auch andere Probleme bestehen weiterhin. Hierzu zählen die Armut nicht nur bei älteren Menschen, sondern auch bei erwerbstätigen Personen. Es gibt außerdem einen hohen, wenngleich leicht rückläufigen Anteil an Alleinerziehenden, die besonders armutsgefährdet sind (ebd). Knapp 2.800 Menschen leben in Bedarfsgemeinschaften nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch, darunter viele Kinder (Stand 06 / 2023; Freie Hansestadt Bremen, Statistisches Landesamt Bremen o. J.).

Die Menschen im Viertel halten zusammen. „Was mir auffällt, wenn ich hier im Stadtteil arbeite: Man hilft sich“, berichtet Dr. Jigal Beez, Leiter der Regionalstelle Süd der Bremer vhs. Sowohl in der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen als auch bei den Besucher*innen der vhs sei dies zu spüren. „Die Menschen, die unsere Angebote in Kattenturm besuchen, kommen zum größten Teil zu Fuß aus der Umgebung. Und sie treffen sich nachmittags zum Kaffee oder am Wochenende im Schrebergarten“, erzählt Jigal Beez. In Kattenturm seien die Wege kurz, und man stoße mit neuen Ideen auf offene Ohren.

Die vhs bietet in Kattenturm ein breites Programm für alle Altersgruppen an (Bremer Volkshochschule 2023). Verschiedene soziale und kulturelle Einrichtungen arbeiten eng zusammen. So kam auch die Kooperation mit dem Bürgerhaus Gemeinschaftszentrum Obervieland e. V. zustande. Das Bürgerhaus besteht seit 1977. Hier pulsiert das soziale und kulturelle Leben des Ortsteils, mit Angeboten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, von Gesundheit und Sport bis zu verschiedenen Nachbarschaftstreffs. Das Bürgerhaus organisiert Musik-, Theater- und Filmaufführungen sowie Informationsveranstaltungen. Die Menschen vor Ort bringen sich ein: Nicht nur die hauptamtlichen, auch viele ehrenamtliche Mitarbeiter*innen gestalten die Aktivitäten im Bürgerhaus und Quartier mit (Bürgerhaus Obervieland o. J.).

Am Eingang des Bürgerhauses stand eine große Tafel mit einem Hinweis auf den Weg zum „Lerncafé“. Der Raum war offen und einladend gestaltet. Eine Vielzahl an Lernmaterialien zum Lesen, Schreiben, Rechnen und zu alltagsrelevanten Themen sowie technische Ausstattung standen bereit. Kaffee, Tee und Kekse sorgten für Gemütlichkeit.

Autorinnen

Projektteam „InSole - In Sozialräumen lernen (Transfer)“ des Deutschen Volkshochschul-Verbands. 

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Gute Praxis

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • DVV / Kerstin Rolfes
  • DVV / Kerstin Rolfes
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