Vortrag von Prof. Dr. Ulrich Klemm, Universität Augsburg

Ulrich Klemm stellte die Ergbnisse seiner Untersuchung zu den Grundbildungszentren in Deutschland vor. Hier werden seit geraumer Zeit Strategien erprobt und umgesetzt, die den Vernetzungsgedanken, die aufsuchende und gemeinwesenorientierte Arbeit sowie niederschwellige und entschulte Lernsettings in den Mittelpunkt rücken. Er zeigte auf, wie Grundbildungszentren mit ihrer Kombination aus pädagogischer und sozialpädagogischer Arbeit gesellschaftliche Weichen stellen können, und plädierte dafür, sie als festen Bestandteil des Bildungssytems zu etablieren und finanziell wie rechtlich grundlegend zu sichern. Nur so könnten sie langfristig Erfolge zeitigen.

Mit: 

Prof. Dr. Ulrich Klemm, Universität Augsburg
Dr. Jutta Illichmann, Bundesministerium für Bildung und Forschung
Andreas Brinkmann, vhs Wesel-Hamminkeln-Schermbeck
Lisa Göbel, Projektmanagerin GrubiNetz Rheinland-Pfalz

Die Runde diskutierte über vielversprechende Ansätze in der Alphabetisierungsarbeit jenseits des klassischen Kurses an Volkshochschulen. Großes Potenzial sehen sie in offenen Angeboten im Sozialraum. Dabei spiele Vernetzung mit unterschiedlichen Partnern eine zentrale Rolle, von der Verbraucherzentrale über Mehrgenerationenhäuser bis zum Fußballclub. Dies ermögliche, Angebote zu breiteren, lebensnahen Themen zu realisieren und mehr Menschen zu erreichen.

von Prof. Dr. Johannes Schildgen

Online-Shops empfehlen uns, was wir kaufen sollen, und Musikstreaming-Dienste stellen uns automatisch Playlisten zusammen. Im Vortrag von Johannes Schildgen ging es um die Funktionsweisen solcher Empfehlungssysteme, erläutert am Beispiel einer Pommesbude. Außerdem gab Prof. Schildgen einen Einblick in das Gebiet der künstlichen Intelligenz, er erklärte, wie KI funktioniert und was damit möglich ist - auch als Hilfestellung für Menschen mit Grundbildungsbedarf.

Mit: 

Prof. Dr. Simone C. Ehmig, Stiftung Lesen
Prof. Dr. Michael Schemmann, Universität zu Köln
Sandra Wevers, Kursleiterin an der vhs Wesel-Hamminkeln-Schermbeck
Christa Egbert, Leiterin des Lerntreffs an der vhs Bingen

Viele Erwachsene mit Alphabetisierungs- und Grundbildungsbedarf haben negative Bildungserfahrungen gemacht. Andere werden durch soziale Strukturen aufgefangen, die eine Teilnahme an Lernangeboten obsolet scheinen lassen. Wie lassen sie sich dennoch zum Lernen motivieren? Welche Denkweisen und Mentalitäten sind zu berücksichtigen? Und wie sollten Lernangebote gestaltet sein, um eine kontinuierliche Teilnahme zu unterstützen? In einem Fachdialog tauschten sich Prof. Dr. Simone C. Ehmig und Prof. Dr. Michael Schemmann über ihre Erkenntnisse aus den Studien MOVE und DRAG aus und diskutierten Handlungsempfehlungen. Anschließend stellten Sandra Wevers und Christa Egbert den Bezug zur Praxis der Grundbildungsarbeit her und ergänzten ihre Perspektive aus der täglichen Arbeit mit der Zielgruppe.

Mit: 
Prof. Dr. Anke Grotlüschen, Universität Hamburg
Dr. Roland Peter, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg
Gundula Frieling, Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Im Abschlussgespräch resümierten die Teilnehmenden zentrale Aussagen der Konferenz und steckten Anforderungen und Rahmenbedingungen für eine zukunftsweisende Grundbildung ab. Einigkeit herrschte darüber, dass die Erweiterung der Zielgruppen große Chancen biete. Es gelte auch diejenigen „mitzunehmen“, für die der Weg zu ausreichenden Lese- und Schreibkenntnissen gar nicht so weit sei, ebenso wie Menschen mit Deutsch als Zweitsprache. Gleichzeitig bedürfe es eines breiten Grundbildungsangebots, das über Lese- und Schreibunterricht hinausgehe. Wichtig sei auch, die Weiterbildungsbeteiligung gering Literalisierter insgesamt zu steigern, über die Teilnahme an Alphabetisierungskursen hinaus.

Um mehr Menschen zu erreichen und sie erfolgreich auf ihrem Weg zu begleiten, seien solide Strukturen unerlässlich. Auch die Förderung der Grundbildung müsse verlässlich geregelt sein. Wesentlich sei darüber hinaus, dass alle Akteur*innen – Bildungseinrichtungen, Zivilgesellschaft, Bund, Länder und Wissenschaft – effizient zusammenarbeiten. Der Schwung der Alphadekade müsse für die Zukunft mitgenommen werden.

Mit: Fabian Walpuski, Thüringer Volkshochschulverband e. V.

Ein breiteres Grundbildungsverständnis erfordert von den Volkshochschulen ein differenziertes Angebotsspektrum im Fachbereich Grundbildung. Ein ganzheitliches Grundbildungsangebot sollte alle Programmbereiche umfassen. Der Workshop bot die Gelegenheit, die übergreifende Dimension der Grundbildung zu diskutieren und zu überlegen, wie Grundbildung programmübergreifend in Volkshochschulen umgesetzt werden kann.

Mit: Ascan Dieffenbach, vhs Husum, und Caroline Albert-Woll, vhs Montabaur

Buslinien, die in den Schulferien eingestellt werden, Kursleitungen, die weite Wege zum Präsenzkurs in Kauf nehmen, geringe Teilnehmendenzahlen und dezentrale Lernorte  – ländliche Regionen stellen vhs zuweilen vor große Herausforderungen. Im Workshop wurden gemeinsam Lösungen erarbeitet und Ideen entwickelt – von hybriden Angeboten über Kooperationen bis zu mobilen Lernwerkstätten.

Mit: Andreas Lück und Marcel Redder, Neu Start St. Pauli 360°, Annett Lungershausen und Stefanie Elies, vhs Dresden, Christian Lange, vhs Remscheid

Modelle der aufsuchenden Grundbildungsarbeit werden inzwischen vielfach erprobt. In diesem Workshop wurden exemplarisch Projekte vorgestellt, die neue Wege der Ansprache und Sensibilisierung im Sozialraum gehen – im Kiez oder im Fußballstadion. Gemeinsam diskutierten die Teilnehmenden, was sich aus den bisherigen Erfahrungen ableiten lässt und welche Instrumente auf die eigene vhs übertragbar sind – auch jenseits von geförderten Projekten.

Mit: Sabine Rau, Kreisvolkshochschule Elbe-Elster, und Anne Walther, Technische Universität Chemnitz

Die Bildungsbiografie von Menschen mit Alphabetisierungs- und Grundbildungsbedarf ist oft nicht geradlinig. Wenn sie den Weg in ein erstes Angebot gefunden haben, benötigen sie neben Motivation und Wertschätzung eine beratende Begleitung auf dem weiteren Lernweg. In Grundbildungszentren ist die Bildungsberatung eine zentrale Säule. Hier gibt es Ansprechpersonen, die Perspektiven aufzeigen sowie den Weg in Folgekurse und passende Maßnahmen weisen. Ist dies ein Modell für die Volkshochschulen? Wie kann Bildungsberatung an Volkshochschulen zielgruppengerecht realisiert werden? Wie schafft man sinnvolle Übergänge auch in die vhs-eigenen Angebote? Diese Fragen wurden gemeinsam diskutiert.

Mit: Cornelia Bade, vhs Rendsburg, und Donatella Capriz, vhs Oldenburg

In vielen Angeboten zur Lese- und Schreibförderung lernen de facto Menschen mit Deutsch als Muttersprache und Migrant*innen mit guten mündlichen Deutschkenntnissen gemeinsam. Was bedeutet dies für die Unterrichtspraxis? Welche Methoden haben sich bewährt? Welche Rahmenbedingungen sind in gemischten Kursen notwendig? Welche Vor- und Nachteile haben gemeinsame Angebote? Wo liegen die Grenzen? Diese Fragen wurden im Workshop bearbeitet.

Mit: Prof. Dr. Daniel Scherf, Pädagogische Hochschule Heidelberg

Wie wird in Grundbildungskursen das Lesen gefördert und wie kann die Leseförderung optimiert werden? Im Projekt „LegelitE“ ist dies untersucht worden. Aus den Erkenntnissen können Gelingensbedingungen
für den Leseunterricht in der Nachholbildung abgeleitet werden. So sollte das flüssige Erlesen von Texten als Etappenziel beachtet werden. Darüber hinaus ist erfolgreiche Leseförderung nur möglich, wenn von der Lehrperson adaptives Übungsmaterial bereitgestellt wird und sie angemessen korrigieren
und unterstützen kann. Auf die Lehrperson kommt es also an. Aber wie kann diese lernen, das Lesen angemessen zu fördern? Im Workshop wurden hierzu Professionalisierungsideen vorgestellt und diskutiert. 

Methoden zur Förderung von Leseflüssigkeit in der Erwachsenen-Alphabetisierung wurden in einer Handreichung für Lehrkräfte publiziert. Diese steht hier zum Download zur Verfügung.

Mit: Anke-Michaela Dreesbach, Eileen Kassner und Simone Kaufhold, Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung

Einrichtungen der Erwachsenenbildung können sich am Programm Erasmus+ beteiligen und auf diesem Weg Mitarbeitenden sowie Lernenden Auslandsaufenthalte und Lernreisen ermöglichen. Im Workshop wurden die Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten des Programms aufgezeigt, Projektbeispiele vorgestellt und Tipps für die Beantragung der Fördermittel gegeben.

Mit: Dr. Carina Jung, Tuğba Kleinert, Jana Schütte und Andrea Zöll, Deutscher Volkshochschul-Verband 

Der neue Lernbereich zur digitalen Grundbildung trainiert nicht nur die Bedienung von Geräten, sondern sensibilisiert auch für die Chancen und Risiken der digital vernetzten Welt. Aus dem modularen Angebot, das auf dem europäischen Referenzrahmen DigComp 2.2 basiert, können Kursleitende passgenaue Lernpakete für ihre Kurse zusammenstellen. Der Workshop bot eine Einführung in den Lernbereich und zeigte Möglichkeiten für den Einsatz im Unterricht auf.

Mit: Georgiana Buitan und Wiebke Weitemeyer, Deutscher Volkshochschul-Verband

Durch den Fachkräftemangel ergeben sich in vielen Branchen für gering qualifizierte Quereinsteiger*innen gute Chancen. Aber auch wenn Pflegeassistent*innen, LKW-Fahrer*innen oder Servicekräfte vornehmlich praktisch arbeiten, spielt die Schriftsprache eine entscheidende Rolle in ihrem Arbeitsalltag. Protokolle, Lieferscheine und Fahrtenbücher müssen ausgefüllt, Dienstpläne und Hygienevorschriften verstanden werden. Mithilfe der branchenspezifischen Kurse im vhs-Lernportal können Menschen, die Schwierigkeiten mit der deutschen Schriftsprache haben, den Umgang mit berufstypischen Dokumenten üben und das entsprechende Fachvokabular trainieren. Im Workshop wurden die neuen Branchenmodule vorgestellt und Einsatzmöglichkeiten in der arbeitsorientierten Grundbildung diskutiert.

Mit: Gabi Netz, Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Die  App „vhs-Lese-Trainer“, die sich derzeit in der Entwicklung befindet, setzt die Methode des Lesetandems um und ermöglicht es Lernenden, auch ohne eine weitere Person das Lesen zu üben. Im Workshop wurde die App eingehend vorgestellt, die Teilnehmenden erhielten Einblicke in die Entwicklung und die zugrundeliegende Technik und diskutierten Einsatzmöglichkeiten.

Mit: Prof. Dr. Anke Grotlüschen und Kristin Skowranek, Universität Hamburg

Im „Literacy Promptathon“-Projekt wurde in Kooperation mit der Hamburger Volkshochschule der Einsatz von generativen KI-Tools in Grundbildung und Alphabetisierung erprobt. In ihrem Workshop stellten die Dozentinnen Anwendungsmöglichkeiten in Grundbildungskursen vor. Anschließend probierten die Teilnehmenden gemeinsam KI-Tools aus und erfuhren, wie Kursteilnehmende sie nutzen können, um sich Textentwürfe für Ämterkontakte, private Glückwunschkarten oder berufliche E-Mails erstellen zu lassen. Außerdem wurde über Risiken und Datenschutz in Zusammenhang mit diesen Tools diskutiert.

Mit: Dr. Tobias Thelen, Universität Osnabrück

Mit der KI-Anwendung Pycoa werden im Kurs „Schreiben“  des vhs-Lernportals seit Jahren Analyse und Auswertung der Lernendeneingaben sowie die Lernwegsteuerung vorgenommen. Mit den sich stetig erweiternden Möglichkeiten des Algorithmus-Einsatzes ergeben sich auch im vhs-Lernportal mehr und mehr Einsatzfelder für KI. Wie solche Techniken Kursleitungen bei der individuellen Förderung unterstützen können, stellte Dr. Tobias Thelen im Workshop vor. 

Mit: Jana Arbeiter und Lena Sindermann, Universität zu Köln

Drop-out ist als (temporäres) Ausscheiden aus einem Weiterbildungsangebot zu verstehen und schließt auch den Verzicht auf aufbauende Kursangebote ein. Das Forschungsprojekt DRAG befasst sich auf der Grundlage einer mehrperspektivischen Studie mit Risikofaktoren von Drop-out in der Alphabetisierung und Grundbildung und arbeitet Strategien für den Umgang damit heraus. Im Workshop wurden auf der Grundlage der Ergebnisse das Verständnis von Drop-out in der Alphabetisierung und Grundbildung reflektiert sowie die Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Einflusssbereichs herausgearbeitet.

Mit: Christa Egbert, Leiterin vhs-Lerntreff Bingen, Vera Everhartz und Hanna Riedel, Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Bundesweit werden in vhs-Lerntreffs offene, informelle Lernorte geschaffen, die Menschen mit Alphabetisierungs- und Grundbildungsbedarf in ihrem sozialen Umfeld erreichen. Wie erfolgreich ist dieser niedrigschwellige, sozialraumorientierte Ansatz? Wie gelingt die Ansprache neuer Teilnehmer*innen? Welche Kooperationen im Quartier sind hilfreich? In diesem Workshop wurde das Konzept der vhs-Lerntreffs vorgestellt und am Beispiel des Lerntreffs in Bingen illustriert. Anschließend erarbeiteten die Teilnehmenden Projektskizzen für ein eigenes niedrigschwelliges Angebot vor Ort.

Mit: Dr. Tobias Thelen, Universität Osnabrück

Generative KI-Systeme, die auf Fragen antworten und Texte erzeugen, machen Fähigkeiten wie tadelloses Formulieren und schnelles Erfassen großer Informationsmengen erheblich einfacher. Gleichzeitig passieren ihnen unerwartete und manchmal kaum zu erkennende Fehler. Nach einer Einführung in generative KI-Tools wurden in diesem Workshop verschiedene Einsatzszenarien für Menschen mit Grundbildungsbedarf vorgestellt – sei es das Ausfüllen komplexer Formulare oder das Formulieren von Briefen. Außerdem diskutierten die Teilnehmenden die Folgen dieser Möglichkeiten für den Grundbildungsunterricht und die zu vermittelnden Kompetenzen.

Mit: Barbara Kröger, Arbeit und Leben NRW, Projekt BasisKomNet, und Patrick Varney, Arbeit und Leben NRW, Projekt MentoPro

Anhand von konkreten Beispielen „Arbeitsorientierter Grundbildung“ (AoG) zeigte der Workshop, wie Kooperationen mit lokalen Arbeitgeber*innen aufgebaut werden können, welche Schritte zu gehen sind und wie sich Lernräume verlagern lassen, um Teilnehmende dort zu erreichen, wo sie den ganzen Tag sind – am Arbeitsplatz.

Mit: Lukas Heymann und Johanna Leck, Stiftung Lesen

Im Workshop wurden zunächst Datenquellen und Studien vorgestellt, die Informationenen über die Zielgruppen der Geringliteraliserten bereithalten und Hinweise auf passgenaue Gestaltung und Kommunikation von Angeboten geben. Anhand konkreter Beispielzielgruppen und der entsprechenden Datengrundlagen wurde im weiteren Verlauf des Workshops in Kleingruppen überlegt, ob eigene bestehende Formate für diese Zielgruppen passend sind, welche (neuen) Formate sich eignen würden und wie auf die Angebote aufmerksam gemacht werden kann.